Dreck im Radkasten – Achsmanschette

Bei der Rückkehr einer kurzen Fahrt ist uns aufgefallen, dass am und im rechten hinteren Radkasten irgendwie „Dreck“ drin klebt. Wir haben uns erst nichts dabei gedacht, da der Seven bei der besagten Fahrt sowieso etwas Dreck abbekommen hatte. Während des Austausch des Thermoschalters für den Kühlerlüfter haben wir die Gelegenheit genutzt, uns die Sache genauer anzusehen, da es doch etwas seltsam aussah im Vergleich zu den sonstigen Verschmutzungen.

Diagnose

Die Konsistenz war irgendwie fettig. Der erste Gedanke, dass es sich um Reste der Schmierung der Kardanwelle handelte, wurde gleich verworfen. Wie sollte dieses Fett denn auch innerhalb des Radkastens gelangen? Zudem war das vorgefundene Fett deutlich dünner, sodass sich die Vermutung aufdrängt, dass mit der Achsmanschette etwas nicht in Ordnung ist. Diese hat sicherlich auch schon etliche Jahre auf dem Buckel, sofern es sich nicht noch um das Originalteil von der Auslieferung handelt. Nach mehreren Umdrehungen am Rad konnte ein kleines 1-2mm großes Loch gefunden werden. Hier hat sich bei der Fahrt das Fett wohl verabschiedet. Es hilft nichts, die Manschette muss neu, zudem auch demnächst der TÜV anstand.

Welche Achsmanschette

Bei Caterham gibt es die Achsmanschette (Gaiter for Driveshafts) als Originalteil (Caterham Part 300A0016A) zu kaufen, der Preis von knapp 6 Pfund ist durchaus ok, jedoch kommen auf Nachfrage bei Caterham 50 Pfund Versandkosten + Zoll + deutsche Umsatzsteuer hinzu. Für ein einziges Ersatzteil viel zu viel! Nach langer Recherche und mehr oder weniger passenden Manschetten, konnte bei Westermann Motorsport eine originale Achsmanschette aufgetrieben werden. Leider hat das Originalteil den Nachteil, dass das komplette Gelenk außeinander gebaut werden muss für die Montage. Gibt es eine Alternative?

Es gibt sogar mehrere Alternativen. Nachdem uns die Variante „Klebemanschette“ nicht wirklich überzeugt hat, jedoch vielleicht mal einen Versuch Wert gewesen wäre, haben wir uns für die in UK weit verbreitete Version entschieden. Die Alternative nennt sich „flexiboot“ oder „stretch boot“ und ist in unserem Fall das von Bailcast angebotene Duraboot CV Boot Kit DBC800. Mittlerweile ist dies auch von Händlern direkt in Deutschland zu bekommen. Vorteil bei dieser Variante ist, dass die Manschetten spreizbar sind. Mit einem entsprechenden pneumatischen Tool, was sich CV Boot Gun oder zu deutsch Achsmanschetten Spreizgerät nennt, können die Manschetten so gedehnt werden, dass diese ohne Demontage des Gelenks aufgezogen werden.

Austausch, Aufwand und Nutzen

Um die Duraboot-Manschette nutzen zu können wird folgendes Equipment benötigt:

  • DBC800 Manschette mit Zubehör (Fett und Schellen)
  • Manschetten-Spreizer
  • Klemmzange für Schellenmontage
  • 41er (Schlag-)Nuss
  • Schlagschrauber oder lange Ratsche
  • Drehmomentschlüssel mit einem Bereich bis mind. 270Nm
  • ggf. neue Achsmuttern (OE Nummern 910241 und 910252)

Die Demontage beginnt mit dem lösen der Wellenmuttern nachdem das rechte Hinterrad entfernt ist. Diese sind mit 270Nm Drehmoment angezogen. Es braucht also die lange Ratsche oder einen potenten Schlagschrauber. Beim Lösen sollte die Handbremse angezogen sein, am besten unterstützt noch eine zweite Person, die die Fußbremse ebenfalls betätigt. Auch das Einlegen eines Gangs wird desöfteren empfohlen. Vorsicht ist geboten, es werden Muttern mit Links – und Rechtsgewinde eingesetzt. Auf der linken Seite in Fahrtrichtung gesehen Linksgewinde, auch der rechten Seite Rechtsgewinde. Heißt in unserem Fall können wir die Mutter wie üblich links herum lösen. Handbremse und Schlagschrauber haben hierfür ausgereicht. Bei den folgenden Tätigkeiten sollte man immer mal wieder zwischendurch an den Stellen, an die man heran kommt, das alte Fett abwischen.

Weiter geht es mit dem Bremssattel. Da wir keine flexiblen Bremsleitungen an dieser Stelle haben, muss die Bremsleitung vom Sattel gelöst werden. Dabei tritt natürlich Bremsflüssigkeit aus, heißt beim späteren Zusammenbau an die Entlüftung des Bremskreislaufs denken! Wir haben einen Schlauch über die Bremsleitung gestülpt, sodass die austretende Bremsflüssigkeit in einen Becher abfließen und wir nebenbei ungestört weiter machen konnten. Zwei Schrauben gelöst und der ganze Bremssattel inkl. dem noch eingehängten Handbremsseil kann von der Bremsscheibe abgenommen werden. Mit Kabelbinder wurde der Bremssattel an die hintere Feder gehängt und ist somit für alle weiteren Arbeiten aus dem Weg. Nun kann auch die Bremsscheibe mit dem Radträger direkt von der Welle heruntergezogen werden.
Jetzt sind noch vier weitere Schrauben zu lösen, die das DeDion Ohr an dem DeDion Rohr festhalten. Sollte ein Stabi hinten eingebaut sein, muss die Koppelstange gelöst werden (Koppelstange, da fällt mir gerade ein…muss nachher nochmal kurz in die Garage). Nun ist die Welle frei und die Vorarbeiten sind erledigt. Bei allem nun folgenden ist stets darauf zu achten, dass die Welle nicht aus dem Differenzial herausgezogen wird.

Entsprechend der Anleitung des Duraboot Neuteils, soll beim Entfernen der defekten Achsmanschette die ersten 10-15mm am großen Ende stehen gelassen werden. Die Klemmen, mit der die alten Manschetten befestigt sind, lassen sich mit einem Schraubendreher leicht lösen. Mit einem Messer ist der gummiartige Kunststoff dann auch schnell in Längsrichtung durchtrennt und rundherum abgeschnitten. Nach einer Inspektion der „Kanne“ haben wir uns entschlossen der Empfehlung von Bailcast zu folgen und die 10-15mm der alten Manschette an Ort und Stelle zu belassen um so für die neue Manschette und desse Klemme eine bessere Auflage zu haben.
Nach dem nochmaligen, sauberen Abschneiden des Randes kommt das Putztuch zum Einsatz. Altes Fett sollte so gut wie möglich entfernt werden bevor die neue Achsmanschette platziert wird. Neues Fett kommt dann erst nach der Platzierung in das Gelenk. Nun ist es endlich soweit, das extra beschaffte Ungetüm namens „Achsmanschetten-Spreizgerät“ kommt zum Einsatz. Duraboot über die Haken gestülpt, an den Kompressor angeschlossen, 10bar und spreiiiizen! Trotz des hohen Drucks tut sich das Werkzeug nicht gerade leicht, obwohl die Bailcast-Manschette extra für diese Technik gemacht ist. Doch es reicht, gespreizte Manschette über die Welle gezogen und abgestreift, Werkzeug entfernt, kniffligster Teil erledigt. Was nun noch kommt ist etwas Fummelarbeit. Da sich das Gummi gut dehnen lässt, haben wir zuerst die finale Positionierung vorgenommen. Es reicht dann anschließend die Achsmanschette am großen Ende etwas zu ziehen um so Platz für das Einfüllen des neuen Fetts zu schaffen. Eine Ecke vom Fettbeutel abgeschnitten, angesetzt und hinein gequescht. Das geht einfach und ohne Sauerei. Die mitgelieferten Schellen sind etwas zu lang, deshalb haben wir sie kurzerhand mit einer Blechschere etwas gekürzt. Etwas vorbiegen von Hand oder mit einer Zange hilft, dass die Haken besser halten und die Schelle beim Anbringen schonmal vorgespannt werden kann. Wir beginnen mit der großen Seite der Achsmanschette. Den finalen Sitz erhält alles dann durch die Klemmzange mit der die Schelle nochmals entgültig gespannt wird. Sollte an dieser Stelle etwas falsch laufen, so muss eine neue Schelle zum Einsatz kommen, dieser Schellentyp kann man dem Einsatz der Zange nicht mehr geöffnet werden.

Sollte sich die Achmanschette etwas verdreht haben, ist jetzt der Zeitpunkt für die Korrektur gekommen, bevor auch am kleinen Ende die Schelle befestigt wird. Voila! Erstmal Kaffee trinken…

Nach dem Kaffee geht´s an das Zusammenbauen, was keine Schwierigkeiten bereitet. Bis auf die Wellenmutter müssen alle Schrauben laut Caterham-Handbuch mit 48Nm Drehmoment angezogen werden. Die Schrauben, welche mit dem DeDion Rohr verschraubt werden bekommen etwas Loctite zur Schraubensicherung, ebenfalls eine Empfehlung des Handbuchs. Nach der erfolgten Montage der Bremsscheibe, des Bremssattels und der Bremsleitung ist es Zeit den Bremskreislauf wieder zu füllen und zu entlüften. Denn wie sich herausgestellt hat, reicht die Handbremse alleine nicht um die Wellenmutter mit dem Drehmoment von 271Nm festzuziehen. Hier muss mit der Fußbremse zusätzlich Druck aufgebaut werden. Das gelingt dann auch nachdem alle Lufteinschlüsse aus dem Bremskreislauf entfernt sind. Wenn man so wie wir den Seven auf KFZ-Unterstellböcken stehen hat muss man aufpassen, dass beim Festziehen mit dem Drehmomentschlüssel sich der Seven auf diesen nicht zu sehr bewegt und keine Gefahr besteht, dass er nach unten knallt. Nun wäre es auch an der Zeit die Koppelstange wieder mit der Anti Roll Bar zu verbinden (das hole ich gleich noch nach). Nur noch das Rad aufziehen und den Seven wieder ablassen – Operation erfolgreich abgeschlossen!

Diese Arbeiten lassen sich alle an einem Nachmittag erledigen. Gut wenn man zu zweit ist. Nach ersten Fahrten tut die neue Duraboot Achsmanschette von Bailcast unauffällig ihren Dienst. Wir hoffen, dass die Haltbarkeit auf längere Frist gegeben ist. Eine originale Achsmanschette auf klassische Art einzubauen hätte sicherlich einen höheren Aufwand bedeutet. Dem steht die Investition in das Spreizgerät entgegen, was uns die Zeitersparnis jedoch vollkommend Wert war.

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